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Die Ich-Bin-Worte

1) Joh 1,1-18

Der Jo­han­nes-Pro­log ist von V1-18 als Pe­ri­ko­pe [in sich ge­schlos­se­ner Sinn-Ab­schnitt] ab­zu­gren­zen!

V6-8 sind dabei ein klei­ner Ein­schub, in denen Jo­han­nes der Täu­fer als Zeuge für das Licht vom ei­gent­li­chen Licht (Jesus Chris­tus) ab­ge­grenzt wird. Von der Form her kann man Joh 1,1-18 als Hym­nus be­zeich­nen – ganz ähn­lich ei­gent­lich, wie das auch bei Gen 1 der Fall ist, denn es wer­den keine na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Aus­sa­gen über die Ent­ste­hung der Welt ge­macht, son­dern in hym­ni­schem Lob­preis wird Gott als Schöp­fer aller Dinge ge­ehrt. Im Ge­gen­satz zu Gen 1,1–2,4a tut Gott das in Joh 1,1-18 al­ler­dings nicht al­lei­ne, son­dern zu­sam­men mit dem Logos.1

V1 Im An­fang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Mit der For­mu­lie­rung „im An­fang“ greift das Jo­hEvang die erste Schöp­fungs­er­zäh­lung in Gen 1,1–2,4a auf (Im An­fang schuf Gott Him­mel und Erde, die Erde aber war wüst und leer). Im grie­chi­schen Ori­gi­nal des Jo­hEvang steht hier Logos. Das ist ein viel um­fas­sen­de­rer Be­griff als unser deut­sches Be­griff Wort na­he­legt.

Goe­the lässt sei­nen Dr. Faust im Stu­dier­zim­mer auf der Suche nach wah­rer Er­kennt­nis genau die­sen Jo­han­nes-Pro­log aus dem Alt-Grie­chi­schen ins Deut­sche über­set­zen:

Wir seh­nen uns nach Of­fen­ba­rung,
Die nir­gends würd'ger und schö­ner brennt
Als in dem Neuen Tes­ta­ment.
Mich drängt's, den Grund­text auf­zu­schla­gen,
Mit red­li­chem Ge­fühl ein­mal
Das hei­li­ge Ori­gi­nal
In mein ge­lieb­tes Deutsch zu über­tra­gen.
Er schlägt ein Volum auf und schickt sich an.
Ge­schrie­ben steht: ›Im An­fang war das Wort!‹
Hier stock' ich schon! Wer hilft mir wei­ter fort?
Ich kann das Wort so hoch un­mög­lich schät­zen,
Ich muss es an­ders über­set­zen,
Wenn ich vom Geis­te recht er­leuch­tet bin.
Ge­schrie­ben steht: Im An­fang war der Sinn.
Be­den­ke wohl die erste Zeile,
Dass deine Feder sich nicht über­ei­le!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es soll­te stehn: Im An­fang war die Kraft!
Doch, auch indem ich die­ses nie­der­schrei­be,
Schon warnt mich was, dass ich dabei nicht blei­be.
Mir hilft der Geist! Auf ein­mal seh' ich Rat
Und schrei­be ge­trost: Im An­fang war die Tat!2

Goe­the ver­deut­licht hier, dass das deut­sche Wort „Wort“ für den grie­chi­schen Be­griff Logos viel zu eng ge­fasst ist. In Joh 1,1 ist die­ser Logos näm­lich Schöp­fungs­mitt­ler: Gott er­schafft alles, was ist, durch die­sen Logos. Ge­wis­ser­ma­ßen ist die erste Tat Got­tes, dass er durch den Logos, der schon immer bei Gott ist, und der selbst Gott ist, alles er­schafft.

Wenn man nun prüft, wie Gott in Gen 1 die Dinge er­schafft, so ge­nügt es dort voll­kom­men, dass er spricht und schon tre­ten die Dinge in Er­schei­nung. In­so­fern ist Joh 1 eine ganz klare Ak­tua­li­sie­rung der 1.​Schöp­fungs-er­zäh­lung, wenn hier Gott einen gött­li­chen Mitt­ler hat, den LOGOS. Schöp­fung 2.0 ge­wis­ser­ma­ßen.3

V2 prä­zi­siert noch ein­mal, dass der Logos von An­fang an bei Gott ist, also be­reits bevor die Schöp­fung ins Werk ge­setzt wird, exis­tiert. V3 zeigt, dass Gott al­lein durch den Logos schafft, der nach V4 mit dem (wah­ren) Leben iden­ti­fi­ziert wird, und die­ses Leben gleich­zei­tig das Licht der Men­schen dar­stellt.

V5 stellt die­ses Licht gegen die Fins­ter­nis. Fins­ter­nis sym­bo­li­siert hier die Cha­os­mäch­te, die auch schon in der he­bräi­schen Bibel das von Gott ge­schaf­fe­ne Leben be­dro­hen. So steht in Gen 1,2: die Erde aber war wüst und leer – im he­bräi­schen Ori­gi­nal To­hu­wa­bo­hu. Die­ser Be­griff steht auch heute noch um­gangs­sprach­lich für gro­ßes Chaos, das theo­lo­gisch ge­spro­chen aber grund­sätz­lich alles Leben und den Le­bens­raum be­droht.

Joh 1,4 klärt aber auf, dass Gott–Logos–Leben–Licht sich von die­ser Cha­os­fins­ter­nis nicht er­grei­fen lässt, son­dern durch seine be­stän­di­ge Für­sor­ge (theo­lo­gisch Crea­tio con­ti­nua – Got­tes fort­wäh­ren­de Schöp­fer­macht) dafür sorgt, dass der si­che­re Le­bens­raum für uns Men­schen er­hal­ten bleibt.

V6-8 ver­weist im Pro­log auf den Täu­fer Jo­han­nes, der für die­ses gött­li­che Licht zeugt, es selbst aber nicht ist. In den so­ge­nann­ten syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en (Mt-Mk-Lk) fin­det man immer wie­der Hin­wei­se auf eine ge­wis­se Kon­kur­renz zwi­schen Jo­han­nes dem Täu­fer, der selbst Jün­ger um sich schar­te und Jesus, der zu­nächst zum Kreis um Jo­han­nes ge­hör­te, dann aber mit einer ei­gen­stän­di­gen Bot­schaft in Ab­gren­zung zu Jo­han­nes dem Täu­fer auf­tritt. Of­fen­sicht­lich spie­gelt sich das im Jo­han­nes-Pro­log hier wider – mög­li­cher­wei­se wurde der Pro­log schon vor­jo­han­neisch tra­diert [über­lie­fert].

Ab V9 wen­det sich Joh 1 dann aber der Sen­dung Jesu zu. Alles läuft auf Joh 1,14 zu: Und das Wort ward Fleisch und wohn­te unter uns, und wir sahen seine Herr­lich­keit, eine Herr­lich­keit als des ein­ge­bo­re­nen Soh­nes vom Vater, vol­ler Gnade und Wahr­heit. Hier wird das Jo­hEvang deut­li­cher in der Be­griff­lich­keit: Die­ser Logos ist der Sohn Got­tes, er wird zur Ret­tung der Welt vom Vater ge­sandt. Wäh­rend V9 noch all­ge­mein vom wah­ren Licht ge­spro­chen wird, das in die Welt ge­kom­men ist, um die Men­schen damit zu er­leuch­ten, geht V10 einen Schritt wei­ter: Er (Jesus=Licht) kam in die Welt, die Welt ist durch ihn er­schaf­fen und doch er­kennt die Welt nicht, wer da zu ihr ge­kom­men ist.

Auf der Ebene des Evan­ge­li­ums kann man hier die Ho­ri­zont­ver­schmel­zung er­ken­nen: Das Jo­hEvang deu­tet hier aus nach­ös­ter­li­cher Per­spek­ti­ve das Ge­sche­hen um Jesu Sen­dung, Ab­leh­nung, Tod und Auf­er­ste­hung im Rück­blick und „er­klärt“, warum nicht nur da­mals, son­dern auch zur Zeit der Ent­ste­hung des Evan­ge­li­ums (Ende des 1. Jh. n. Chr.) viele, an die die Sen­dung Jesu ge­rich­tet war und jetzt die Bot­schaft von Jesus als dem Chris­tus Got­tes ge­rich­tet ist, näm­lich die Kin­der Is­ra­els (=Juden), da­mals wie heute (1.​Jh.) nicht an­er­ken­nen wol­len, dass Jesus gött­li­chen Ur­sprungs ist. Das Jo­hEvang grenzt sich damit scharf vom Ju­den­tum ab: Got­tes Kin­der sind nur die­je­ni­gen, die das wahre Licht er­ken­nen, näm­lich Jesus Chris­tus als den von Gott ge­sand­ten ein­zi­gen Of­fen­ba­rer der Wahr­heit Got­tes, die mit Jesus Chris­tus iden­ti­fi­ziert wird.

V14 dann die kür­zes­te „Weih­nachts­ge­schich­te“ der Evan­gli­en [Mk be­ginnt mit dem öf­fent­li­chen Wir­ken; Mt be­ginnt mit He­ro­des, den drei Wei­sen und der Flucht nach Ägyp­ten, Lk bie­tet die uns be­kann­te und all­jähr­lich vor­ge­tra­ge­ne Weih­nachts­ge­schich­te] Jo­han­nes braucht genau einen Satz: Und das Wort ward Fleisch und wohn­te unter uns!

V16-18 ma­chen dann die Ab­gren­zung von jü­di­scher Theo­lo­gie voll­ends ein­deu­tig: V17: Mose hat nur das Ge­setz ge­ge­ben. Gnade und Wahr­heit kom­men al­lein durch Jesus Chris­tus. Noch kras­ser die Ab­gren­zung in V18: Nur in Jesus Chris­tus, der sel­ber Gott ist, wis­sen wir von Gott und er­fah­ren wir von ihm.

So er­gibt sich zu­sam­men­fas­send fol­gen­de Glie­de­rung:

V1-5 Schöp­fung durch Gott und den Logos
V6-8 Jo­han­nes der Täu­fer als Zeuge für die­ses Logos=Licht=Leben (Jesus Chris­tus)
V9-14 Jesu Sen­dung ist das Zur-Welt-Kom­men die­ses Logos=Licht=Le­bens
V15 Jo­han­nes der Täu­fer als Zeuge
V16-18 Ge­gen­über­stel­lung von Ge­setz (Mose) und Gnade, Wahr­heit (Jesus Chris­tus)

Das Jo­hEvang er­hebt also den An­spruch, dass Gott al­lein und ex­klu­siv in Jesus Chris­tus of­fen­bart wird!

Alle tra­di­tio­nel­len jü­di­schen Got­tes­vor­stel­lun­gen und -at­tri­bu­te wer­den aus­schließ­lich auf Jesus Chris­tus über­tra­gen bzw. von ihm „be­setzt“: Wer Gott ist, er­fah­ren wir nur durch Jesus Chris­tus!

Wäh­rend die syn­op­ti­schen Evan­ge­li­en [Mt, Mk,Lk] wei­test­ge­hend eine Ad­op­ti­ons-Chris­to­lo­gie ver­tre­ten, ver­tritt Joh eine Prä­e­xis­tenz-Chris­to­lo­gie, die also schon deut­li­cher in Rich­tung Tri­ni­tät vor­aus­ver­weist, vor allem, wenn man Joh 1,33 mit ein­be­zieht, wo Jo­han­nes der Täu­fer vor Be­ginn des öf­fent­li­chen Auf­tre­tens von Jesus be­zeugt, dass Jesus Got­tes Sohn ist, der mit Hei­li­gem Geist tau­fen wird.

2) Die Ich-Bin-Worte

Joh 6,35 Ich bin das Brot des Le­bens (vgl. 6,41.48.51)
Joh 8,12 Ich bin das Licht der Welt.
Joh 10,7.9 Ich bin die Tür.
Joh 10,11.14 Ich bin der gute Hirt.
Joh 11,25 Ich bin die Auf­er­ste­hung und das Leben.
Joh 14,6 Ich bin der Weg und die Wahr­heit und das Leben.
Joh 15,1 Ich bin der wahre Wein­stock.

Wei­ter fin­den sich ab­so­lu­te Ich-Bin-Aus­sa­gen Jesu in Joh 6,20; 8,24.58; 13,19; 18,5.6.8. Also „Ich-Bin“ ohne Zu­schrei­bun­gen und Kon­kre­ti­sie­run­gen.

Hin­ter­grund der Ich-Bin-Aus­sa­gen

„Der Joh.​evange­list [rech­net …] mit Le­sern, die mit der Be­deu­tung der Schrift in der lit­ur­gi­schen Pra­xis der gro­ßen jü­di­schen Feste ver­traut sind, das heißt, die die Schrift­le­sun­gen im Got­tes­dienst die­ser Feste ken­nen. Diese Feste sind der her­vor­ra­gen­de Ort der Of­fen­ba­rungs­re­den Jesu, in denen er sich als Got­tes Sohn ge­zielt an die Juden als Got­tes Volk wen­det.“4

Ul­rich Wilckens sieht das Jo­hEvang damit sehr nahe an der lit­ur­gi­schen Pra­xis des Ju­den­tums. D.h. der jo­han­nei­sche Hin­ter­grund, aus dem das Evan­ge­li­um stammt, ist das Ju­den­tum, das sich al­ler­dings in die heid­ni­sche Welt aus­ge­brei­tet hat.

Be­ginnt man bei den ab­so­lu­ten Ich-Bin-Aus­sa­gen wie z.B. bei der Ver­haf­tung Jesu in Joh 18,1-11, so stellt man fest: Auf die Frage Jesu in V4, wen sie su­chen wür­den und die Ant­wort der Hä­scher in V5, es sei Jesus von Na­za­reth, fin­det sich drei Mal im Text die Aus­sa­ge „Ich bin es.“ In V6 wei­chen die Sol­da­ten zu­rück und fal­len zu Boden. Warum?

Es ist ihre un­be­ab­sich­tig­te Hul­di­gung vor dem wah­ren König der Welt. „In der Si­tua­ti­on ist das eine Iden­ti­täts­be­kun­dung. Aber die Leser wis­sen, es ist das ,Ich‘ des Got­tes­soh­nes, der den Namen trägt, mit dem Gott sich Is­ra­el of­fen­bart hat: ,ICH BIN‘ ( Ex 3,14; Ex 20,2).“5

Das be­deu­tet, dass das Jo­hEvang die Selbst­vor­stel­lung Got­tes aus Ex 3 ganz auf Jesus über­trägt: Jesus ist der, der im Namen des ein­zi­gen Got­tes spre­chen kann und darf. In Joh 1,17f hat der Leser ja ge­lernt, dass nie­mand Gott je ge­se­hen habe außer eben Jesus Chris­tus, sein ein­ge­bo­re­ner Sohn.

So führt bei­spiels­wei­se in Joh 8,28 Jesus ein Streit­ge­spräch mit „den Juden“.6 Die jü­di­schen Ge­sprächs­part­ner ver­ste­hen nicht, dass Jesus von Gott als sei­nem Vater redet, des­sen ein­zi­ger Sohn er ist. Vor­aus­ver­wei­send auf seine Kreu­zi­gung – im Jo­hEvang durch­ge­hend als Er­hö­hung ver­stan­den – fällt wie­der die ein­deu­ti­ge Aus­sa­ge, dass sich der jo­han­nei­sche Jesus als der ein­zig le­gi­ti­me Ver­tre­ter Got­tes auf Erden sieht: Wenn ihr den Men­schen­sohn er­hö­hen wer­det, dann wer­det ihr er­ken­nen, dass ich es bin … (Joh 8,28).

Zu­sam­men­fas­sung: Alle Ich-Bin-Aus­sa­gen Jesu im Jo­hEvang haben den einen Sinn, Jesus in be­wuss­ter Iden­ti­fi­ka­ti­on mit der Selbst­vor­stel­lung Got­tes im bren­nen­den Dorn­busch (Ex 3,1-15) ganz auf die Seite Got­tes zu stel­len. Der jo­han­nei­sche Jesus ist der ein­zi­ge Of­fen­ba­rer Got­tes in der Welt, an dem sich die Men­schen zu ori­en­tie­ren haben, wenn sie zu Gott ge­lan­gen wol­len!

Wie also sind die sie­ben Ich-Bin-Worte Jesu zu ver­ste­hen?

1. Ich-Bin Wort: Joh 6,35 Ich bin das Brot des Le­bens (vgl. 6,41.48.51)

Zu­sam­men­hang und Kon­text: Jesus als das Brot des Le­bens fin­det sich im Rah­men des 4. Zei­chens, der Brot­ver­meh­rung. Zu­nächst wird von V1-13 – ähn­lich den Syn­op­ti­kern – von der Spei­sung der 5000 durch fünf Gers­ten­bro­te und zwei Fi­sche am See Ge­ne­za­reth be­rich­tet, an deren Ende die Jün­ger zwölf Körbe mit Bro­cken ein­sam­meln, die übrig blei­ben. In V14-22 wol­len die so Ge­sät­tig­ten auf­grund der Zei­chen, die sie sehen, Jesus zum König ma­chen. Jesus ent­zieht sich je­doch al­lei­ne auf den Berg und ge­langt auf dem Was­ser (5. Zei­chen) zu sei­nen Jün­gern ins Boot, die ge­ra­de in einen Sturm ge­ra­ten (vgl. z.B. Mk 4,35-41) – wie­der be­kun­det Jesus: Ich bin's; fürch­tet euch nicht! (iden­ti­sche For­mu­lie­rung in Mk 6,50) V22-27 fin­den die Su­chen­den am nächs­ten Tag Jesus am an­de­ren Ufer. Jesus for­dert sie auf nicht nach ver­gäng­li­cher Spei­se, son­dern um Spei­se für das ewige Leben zu su­chen, das es bei ihm gebe. Nach V28-33 be­steht die ein­zi­ge Auf­ga­be, die­ses Brot zu er­hal­ten, darin, an Jesus als den Ge­sand­ten Got­tes zu glau­ben. Die Zu­hö­ren­den for­dern je­doch Zei­chen der Be­glau­bi­gung.

V35 iden­ti­fi­ziert Jesus mit die­sem Brot, wer zu ihm kommt wird weder Hun­ger noch Durst lei­den. Ziel­punkt der Pe­ri­ko­pe bil­det die Aus­sa­ge in V40, dass „der Wille mei­nes Va­ters [ist] dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auf­we­cken am Jüngs­ten Tage.“ Die Aus­sa­ge in V48 be­kräf­tigt dann, dass der Sohn für den Vater spricht und alle Macht auf ihm ruht. Der Ver­weis auf 2 Mo 16 sagt: Die Is­rae­li­ten haben in der Wüste Manna ge­ges­sen und sind ge­stor­ben, das Brot Jesu macht in Ewig­keit satt. V52-58 ver­weist auf die sa­kra­men­ta­le Ver­ge­gen­wär­ti­gung im Abend­mahl (V54: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben)

Jesus ist das vom Him­mel ge­kom­me­ne satt­ma­chen­de (und jeden Durst stil­len­de) Brot des Le­bens, wer an ihn glaubt, hat be­reits jetzt und am Jüngs­ten Tag das ewige Leben!

2. Ich-Bin Wort: Joh 8,12 Ich bin das Licht der Welt

Zu­sam­men­hang und Kon­text: In Joh 7,53 - 8,11 fin­det sich die (erst in spä­te­ren Text­zeu­gen auf­tau­chen­de) Ge­schich­te von Jesus und der Ehe­bre­che­rin: V7: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ers­ten Stein.

Der kurze V12: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nach­folgt, der wird nicht wan­deln in der Fins­ter­nis, son­dern wird das Licht des Le­bens haben, ver­weist wie­der auf den Be­ginn des Jo­hEvang, wo in Joh 1,4f. vom (wah­ren) Leben als dem Licht der Men­schen ge­spro­chen wird, das die Fins­ter­nis der Gott­fer­ne nicht er­grei­fen kann (vgl Er­läu­te­run­gen zum Pro­log).

Von V13-19 zeugt Jesus aus der Per­spek­ti­ve der Pha­ri­sä­er (sonst im Jo­hEvang all­ge­mei­ner „die Juden“) für sich selbst, weil diese nicht er­ken­nen, dass ihn der Vater ge­sandt hat. Wei­ter be­zeich­net sich Jesus in V 16 als der wahre Rich­ter.

3. und 4. Ich-Bin Wort: Joh 10,7.9 Ich bin die Tür. / Joh 10,11.14 Ich bin der gute Hirt

Zu­sam­men­hang und Kon­text: Nach Ul­rich Wilckens ist die Hir­ten­re­de von Joh 10 „als ganze der in Ez [He­se­kiel] nach­ge­bil­det.“7 Jesus ist der wahre Hirte, er küm­mert sich um die Scha­fe und setzt sogar sein Leben für sie ein. Das dop­pel­te Amen zu Be­ginn ver­deut­licht wie an allen an­de­ren Stel­len, wo es er­scheint, dass hier “gött­li­che Of­fen­ba­rungs­wirk­lich­keit und -ge­wiss­heit“ aus­ge­drückt wird.8

V7-18 deu­tet Jesus sein Bild­wort: Er ist die Türe, durch die die Scha­fe (Is­ra­els und dann der christ­li­chen Ge­mein­de = V16 an­de­re Scha­fe, nicht aus die­sem Stall) hin­aus auf die Weide – sinn­bild­lich für die gute Welt Got­tes – ge­führt wer­den und er ist auch der recht­mä­ßi­ge, wahre Hirte, der sogar sein Leben für seine Scha­fe gibt.

V19-21: Am Wi­der­spruch – jetzt „der Juden“ zeigt sich die Aus­ein­an­der­set­zung der jo­han­nei­schen Ge­mein­de mit dem rab­bi­ni­schen Ju­den­tum Ende des 1. Jh. n. Chr. (Ho­ri­zont­ver­schmel­zung): Wer von Jesus als dem Sohn Got­tes spricht, wird aus der Syn­ago­gen­ge­mein­de aus­ge­schlos­sen.

V22-30: Spit­zen­satz – ei­gent­lich schon zur Ge­nü­ge be­kannt – V30 Ich und der Vater sind eins.

5. Ich-Bin Wort: Joh 11,25 Ich bin die Auf­er­ste­hung und das Leben

Zu­sam­men­hang und Kon­text: Die Auf­er­we­ckung des La­za­rus

V1-16: Auf die Nach­richt der Schwes­tern Maria und Marta, dass sein Freund La­za­rus krank sei, „trö­delt“ Jesus mit Ab­sicht zwei Tage herum, bis die­ser ge­stor­ben ist. Die Jün­ger war­nen Jesus, Je­ru­sa­lem sei ge­fähr­lich, weil man ihn ja dort habe stei­ni­gen wol­len und gehen dann aber doch mit ihm.

V17 be­rich­tet davon, dass La­za­rus schon vier Tage im Grab liegt. D.h. auf kei­nen Fall nur schein­tot sein kann – V39 warnt Marta bei der Grab­öff­nung des­we­gen vor dem Ver­we­sung­ge­ruch.

Wäh­rend Marta an­ge­sichts des Todes ihres Bru­ders von der tra­di­tio­nel­len Vor­stel­lung von einer Auf­er­ste­hung am Jüngs­ten Tag spricht (V24), kon­sta­tiert Jesus in V25: Ich bin die Auf­er­ste­hung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stür­be; und wer das lebt und glaubt an mich, der wird nim­mer­mehr ster­ben.

Dies hat in V27 das Be­kennt­nis Mar­tas zur Folge: Ja Herr, ich glau­be, dass du der Chris­tus bist, der Sohn Got­tes, der in die Welt kommt.

V28-45: Die bei­den Schwes­tern gehen mit Jesus zum Grab und es folgt die ei­gent­li­che Auf­er­we­ckung des La­za­rus.

V46-58: folgt dar­auf­hin der Tö­tungs­be­schluss des Hohen Rates.

6. Ich-Bin Wort: Joh 14,6 Ich bin der Weg und die Wahr­heit und das Leben

Zu­sam­men­hang und Kon­text: Der Ab­schied Jesu von sei­nen Jün­gern (V4-14) und seine Wie­der­kehr zu ihnen (V15-26)

„Man kann in 14,6 eine Zu­sam­men­fas­sung aller Ich-bin-Worte sehen. ICH BIN, die Of­fen­ba­rung des Got­tes­na­mens, ist der ent­schei­den­de chris­to­lo­gi­sche As­pekt: In Jesus of­fen­bart sich Gott selbst.“9

Der tra­di­tio­nel­le jü­di­sche Weg zu Gott ist die Tora (z.B. in Ps 119,1). Wei­ter ist er „auch die Wahr­heit als das licht­haf­te, be­frei­en­de Wesen der Herr­lich­keit Got­tes […]. Und als sol­cher auch das Leben Got­tes, das der Sohn ,in sich selbst‘ hat, wie der Vater […] und das er denen, die an ihn glau­ben, als Got­tes Heils­ga­be schenkt (3,16); ihn zu ,er­ken­nen‘ als Got­tes ge­sand­ten Sohn, ist ja das ewige Leben.“10

7. Ich-Bin Wort: Joh 15,1 Ich bin der wahre Wein­stock / Joh 15,5 Ich bin der Wein­stock, ihr seid die Reben

Zu­sam­men­hang und Kon­text: Hier geht es um das Ver­hält­nis der Jün­ger und Jün­ge­rin­nen zu Jesus nach Os­tern. „Wie die Reben am Wein­stock, sind Jesu Jün­ger, in ihm‘ und sol­len ent­spre­chen­de Frucht brin­gen.“11

In der he­bräi­schen Bibel gibt es zahl­rei­che Stel­len, wo Is­ra­el – also die jü­di­sche Ge­mein­de – als der Wein­berg Got­tes be­zeich­net wird (Bsp.: Hos 10; Jer 2; Ez 19). Die­ses Bild wird nun für die christ­li­che Ge­mein­de in An­spruch ge­nom­men und geht ge­wis­ser­ma­ßen auf sie über.

 


1 Man suche und prüfe Fremd­wör­ter, die Logos ent­hal­ten, auf ihre Be­deu­tung: Biologie (Lehre vom Leben, nicht Wort vom Leben), Psy­chologie, Logopädie … d.h. auch hier wird deut­lich, dass nicht nur das ge­spro­che­ne Wort ge­meint ist.

2 http://​www.​zeno.​org/​Li­te­ra­tur/​M/​Goe­the,+Jo­hann+Wolf­gang/Dra­men/Faust.+Eine+Trag%C3%B6die/Faust.+Der+Trag%C3%B6die+ers­ter+Teil/Stu­dier­zim­mer [nach neuer Recht­schrei­bung ver­än­dert]

3 Dass jü­di­sche Weis­heits­leh­re um die Zei­ten­wen­de be­reits auch von einer Schöp­fungs­mitt­ler­schaft der Weis­heit spricht, mag nur am Rande er­wähnt wer­den

4 Ul­rich Wilckens, Das Evan­ge­li­um nach Jo­han­nes. Das Neue Tes­ta­ment Deutsch, Bd. 4, Göt­tin­gen 17. neu­be­ar­bei­te­te Auf­la­ge 1998, S. 11

5 A.a.O., S.271

6 Das Jo­hEvang ist aller Wahr­schein­lich­keit nach in der letz­ten De­ka­de des 1. Jh.​n.​Chr. ent­stan­den. 70n.​Chr. zer­stö­ren die Römer nach jü­di­schen Auf­stän­den, Je­ru­sa­lem und den Tem­pel. Außer den ge­mä­ßig­ten Pha­ri­sä­ern, die den Rö­mern als keine Ge­fahr er­schie­nen gin­gen alle jü­di­schen Grup­pie­run­gen wie Ze­lo­ten, Sad­du­zäer unter. Aus den Pha­ri­sä­ern ent­stand in den kom­men­den Jahr­zehn­ten das rab­bi­ni­sche Ju­den­tum. Des­halb kann Jo­han­nes ein­fach von „den Juden“ spre­chen. Das Evan­ge­li­um sel­ber ist aber tief in die­ser Tra­di­ti­on ver­wur­zelt, sieht sich als deren recht­mä­ßi­gen Erben.

7 Ul­rich Wilckens, Das Evan­ge­li­um nach Jo­han­nes. Das Neue Tes­ta­ment Deutsch, Bd. 4, Göt­tin­gen 17. neu­be­ar­bei­te­te Auf­la­ge 1998, S. 164

8 A.a.O.

9 A.a.O., S.223

10 A.a.O., S.224

11 A.a.O., S.236

 

Ich bin Worte: Her­un­ter­la­den [docx][32 KB]

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Wei­ter zu Theo­lo­gie des Jo­han­nes-Evan­ge­li­ums